Meine eigene Geschichte

Ich fand immer, dass andere mir die besseren Geschichten erzählen können. Warum sollte ich selbst auch noch welche zu schreiben versuchen? Und zu diesen unzähligen bereits vorhandenen danebenstellen? Wenn ich doch anderen zu ihren besseren individuellen Geschichten verhelfen kann. So lag mein Ziel früh in der Dramaturgie und im Script Consulting. Denn: Noch als Teenie wollte ich eigentlich professionelle, strategisch unbesiegbare Räuberin werden. Natürlich weil ich so tolle Filme mit Bank- und Kunst-Räubern gesehen hatte! Doch weil ich einfach zu feige und unsportlich für diese ganzen Verfolgungsjagden war, suchte ich mir einen Herzensberuf – der mich weiterhin an VIELEN solcher bewegenden Geschichten-Abenteuer teilhaben lässt.

Autorin? Manchmal

In den 1990ern bin ich der Aufforderung von Produzenten gefolgt und habe für Serien geschrieben. Dass es dafür bis heute noch Tantiemen gibt, hat mich damals dennoch nicht den Weg der Fernsehautorin weiterverfolgen lassen. Aus eigener Motivation schreibe ich heute jeweils mit Co-Autorinnen an einer Mütter-Serie und einem Lexikon über und für Boomer; anderes ist in Planung.

Kurz: Ich schreibe erst dann selbst Geschichten, wenn man mich großzügig verlockt, mich anschubst oder ich nicht mehr anders kann. Ich weiß um die Leiden als Autorin: Interessiert das überhaupt jemanden in dieser Kürze/Länge/Form? Kann ich überhaupt gut genug schreiben? Werde ich durchhalten auch bei Deadlines und harscher Kritik? Hab ich Kraft zu unzähligen Umarbeitungen? Deshalb bin ich für andere Schreibende und Filmschaffende als Beraterin, Dramaturgin und Script Consultant parat mit meinem Mantra seit Jugendzeiten:

Wo die Not am größten ist, wächst das Rettende auch.

Friedrich Hölderlin

Zwischen Ausbildung, Filmmarkt und Filmkultur

Zunächst war ich nach meinem Studium der Theaterwissenschaft, Philosophie und Neueren Deutschen Literatur nicht meiner Neugier zur Forschung und Weiterbildung, sondern dem Call for Adventure ins Kino gefolgt. Während meiner Festanstellung für Akquisition beim Senator Filmverleih in München habe ich anhand von Festival- und Filmmarkt-Besuchen und Lektüren internationaler Scripts gelernt: Jede gute Idee wird größer, bunter und reicher, wenn sie das Potential ausreizt, wirklich Menschen zu erreichen und zu bewegen. Auf jeden Fall zu dem Publikum gelangt, für das die persönlichen Geschichten und bewegenden Bilder gemacht waren. D.h. Mainstream, Arthouse, Nische oder Experiment waren für mich immer nur äußere Labels für die ganz unterschiedlichen individuellen Ziele der Filmschaffenden – für ihre visuell erzählten Geschichten. Und ich habe in Vorführ- und Schnitträumen erlebt, wie nachhaltig bewegend bewegte Bilder sein können. Wenn man sie in der passenden Abfolge frei lässt.

Consulting und Lehre

Entsprechend habe ich danach als freie Filmdramaturgin und Script/Edit Consultant in Deutschland und der Schweiz auch andere Verleiher beraten, ebenso Investoren, Banken und Filmförderer international. Mein persönliches Herzensding wurde die freie Lehre, d.h. das Unterrichten als Gastdozierende an Filmhochschulen und Hochschulen, sowie auch in einzelnen freien Institutionen: für all die, die mehr über filmisches Geschichten-Erzählen lernen und lehren wollten.

Produzent:innen, Autor:innen und Regisseur:innen kamen hinzu und erweiterten meine Sicht auf visuelle Geschichten: die immer individuell ganz verschieden sind, aber viele grundlegende Gemeinsamkeiten haben darin, was emotional, gesellschaftlich und kulturell auf uns wirkt. Diese emotionalen Erzählmuster ähneln sich im allerbesten Sinne – bei aller narrativen Vielfalt! – und lassen ihre jeweils einzigartigen Erzählstrategien umso mehr strahlen. Sie bewegen ihr Publikum, für das sie gedacht sind.

In Bewegung

Irgendwann fragten mich auch Romanautorinnen, Kunst-Stiftungen, Werber, Kostümbildnerinnen, Architekten und Modedesigner nach Beratung. (Ganz am Anfang meiner Tätigkeit kam übrigens auch einmal ein Bankräuber auf Hafturlaub zu mir, der seine Biografie erzählen und für die Beratung dazu einen Teil seiner noch versteckten Beute als Honorar einsetzen wollte.)

Inzwischen weiß ich genau wie meine so ganz verschiedenen Klient:innen: Klar, könnten andere immer die besseren Geschichten erzählen. Aber warum sollten sie? Warum wage ich mich nicht an MEINE? Und meine nächste und nächste und übernächste… Ich muss ja nicht damit allein bleiben!

Denn MIR wird allein mit den eigenen Geschichten immer noch schnell langweilig. Und einsam. Ich arbeite lieber im Team und im Auftrag. Bevor ich mich zum Konzepten und Nachdenken in meine Klause unter der Kastanie mitten in Berlin zurückziehe. Mit meinen Kindern, Klient:innen und Freunden und Freundinnen das Leben feiere. Oder zum Kunst-Gucken in die Welt hinaus reise.

P.S. Der schreibende Bankräuber auf Hafturlaub hat seine versteckte Beute später übrigens lieber in ein Schulprojekt eines Entwicklungslandes investiert statt ins Schreib-Coaching. Auch so kommen Geschichten in Bewegung.